Pressemitteilung
Keine Abstriche bei der psychotherapeutischen Versorgung von geflüchteten Menschen
Bundesregierung plant Mittelkürzungen für Bundeshaushalt 2024
Berlin, 31.07.2023
Die Bundesregierung plant für den Bundeshaushalt 2024, die Mittel für psychosoziale Zentren um über die Hälfte zu kürzen. Dabei sind dieses Jahr die Zahlen der Schutzsuchenden in Deutschland im Vergleich zum Vorjahr deutlich gestiegen. Rund drei Viertel der geflüchteten Menschen haben in ihrer Heimat und auf der Flucht traumatische Dinge erlebt.[1] Der Beschluss, Gelder für ihre Unterstützung zu kürzen, stellt eine Gefährdung für die Gesundheit traumatisierter Menschen dar.
Psychosoziale Zentren in Deutschland leisten einen unverzichtbaren Beitrag, um Überlebende von Folter, Krieg und Gewalt zu unterstützen. Durch unsere Therapieangebote helfen wir Menschen, traumatische Erlebnisse zu verarbeiten und sich in Deutschland ein neues Leben aufzubauen. Aktuell sind psychosoziale Zentren bereits deutlich unterfinanziert. Da unsere Leistungen nicht Teil der Regelversorgung sind, sind wir auf öffentliche Fördermittel und Spenden angewiesen, um unseren Bestand zu sichern. Mit einer Kürzung wird sich unsere Arbeit in Zukunft kaum halten können – obwohl der Bedarf an psychotherapeutischer Hilfe kontinuierlich steigt.
„Schon jetzt ist es so, dass wir für unsere Behandlungsplätze lange Wartelisten haben. Oft dauert es mehrere Monate, bis wir Patient:innen bei uns aufnehmen können. Für schwer traumatisierte Menschen ist das ein unzumutbarer Zustand, der sich schwerwiegend auf ihre psychische Gesundheit auswirkt und ein erhebliches Risiko von chronifizierten Krankheitsverläufen nach sich zieht. Mit den vorgesehenen Mittelkürzungen wird sich diese Lage noch weiter verschlimmern. So eine Entwicklung dürfen wir nicht zulassen“, sagt Kirstin Reichert, Geschäftsführerin des Zentrum ÜBERLEBEN.
Das gesundheitliche Regelsystem kann die Zahl der steigenden Patient:innen ohne die Hilfe von psychosozialen Zentren nicht tragen. Es braucht spezialisiertes Fachpersonal sowie die Begleitung von professionellen Sprach- und Kulturmittler:innen im Beratungs- und Behandlungssetting, um geflüchteten Personen sowie Überlebenden von Folter eine menschenwürdige Unterstützung zu bieten.
Aktuell versorgen psychosoziale Zentren in Deutschland über 20.000 Klient:innen pro Jahr[2]. Mit unserer Arbeit schließen wir eine Versorgungslücke. Dieses Hilfesystem entgegen der Versprechen im Koalitionsvertrag nun durch die geplante Mittelkürzung akut zu gefährden, hat Auswirkungen auf das Leben unzähliger psychisch schwer erkrankter Menschen. Damit so etwas in Zukunft nicht eintritt, appellieren wir stattdessen für eine Aufstockung der Bundesmittel für psychosoziale Zentren.
Bei Interesse an einem Hintergrundgespräch mit unserer Geschäftsführerin oder einer therapeutischen Fachkraft bezüglich der Arbeit und der prekären Finanzierungslage von psychosozialen Zentren melden Sie sich gerne bei unserer Pressereferentin Taline Akkaya unter pr@ueberleben.org.
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[1]AOK Bundesverband https://www.aok-bv.de/presse/pressemitteilungen/2018/index_21228.html (27.07.2023).
[2] BAfF (2023): „Flucht & Gewalt. Psychosozialer Versorgungsbericht Deutschland 2023″.