Pressemitteilung

Lager auf den griechischen Inseln: Katastrophe verhindern

Traumatisierte Menschen durch Corona besonders in Gefahr

Berlin, 2. April 2020

Aus Sicht des Zentrum ÜBERLEBEN, in dem schwer traumatisierte Menschen mit Fluchthintergrund behandelt werden, muss sich die Situation in den völlig überfüllten Lagern für Geflüchtete auf den griechischen Inseln sofort ändern. Es sei davon auszugehen, dass viele Bewohner*innen durch physische und psychische Vorerkrankungen belastet seien. Die völlig unzureichenden hygienischen Bedingungen würden die Situation für sie gefährlich verschärfen, wenn Infektionen im Lager auftreten. Das Zentrum ÜBERLEBEN (ZÜ) ruft die Bundesregierung auf, ihre Zusage von Anfang März umsetzen, zusammen mit anderen EU-Mitgliedsländern 1600 schutzbedürftige Minderjährige aufzunehmen. Das ZÜ fordert auch, Aufnahmekontingente von bereits anerkannten Schutzbedürftigen auszuweiten.

„In den völlig überfüllten Lagern gibt es so gut wie keine Infrastruktur und keine sozial-medizinische Versorgung mehr. Wasser ist knapp und die hygienischen Bedingungen sind katastrophal. Aufgrund unserer Erfahrungen in der Behandlung schwer traumatisierter Menschen gehen wir davon aus, dass durch die jahrelang vorherrschenden Missstände in den völlig überbelegten Lagern die Bewohner*innen gesundheitlich geschwächt sind und sich psychische und psychosomatische Krankheitsbilder ausgeprägt haben. Nach einem Ausbruch von Corona wären diese Menschen einem hohen Infektionsrisiko schutzlos ausgesetzt. Darum fordern wir die Bundesregierung auf, ihre Zusagen von Anfang März endlich in die Tat umzusetzen, zusammen mit anderen EU-Mitgliedsstaaten 1600 schwerkranke Minderjährige und unter 14-Jährige unbegleitete Minderjährige aufzunehmen“, fordert Carsten Völz, Geschäftsführer des Zentrum ÜBERLEBEN. Im Zentrum ÜBERLEBEN werden Überlebende von Folter, Krieg und Gewalt behandelt, die unter komplexen Traumatisierungen leiden.

„Viele deutsche Kommunen haben leerstehende Unterkünfte und ihre Bereitschaft signalisiert, schutzbedürftige Geflüchtete aufzunehmen. Nach der EU-Aufnahmerichtlinie müssen insbesondere diejenigen angemessen versorgt und untergebracht werden, bei denen eine besondere Schutzbedürftigkeit festgestellt worden ist. Auch unsere Fachstelle für Traumatisierte und Opfer schwerer Gewalt kümmert sich um einen Teil dieser Menschen im Rahmen des Netzwerks BNS,“ so Völz.

„Wir fordern die Bundesregierung dazu auf, mit gutem Beispiel voranzugehen und Geflüchtete aus Griechenland, deren Schutzbedürftigkeit bereits anerkannt ist, in einem zusätzlichen Kontingent aufzunehmen. Die Menschen aus den überfüllten Lagern, deren Asylantrag noch nicht bearbeitet wurde, könnten dann in die frei gewordenen Unterkünfte auf dem griechischen Festland verlegt werden“, schlägt Carsten Völz vor. „Die bisherige EU-Politik, der humanitären Krise auf den griechischen Inseln mit ihrer abschreckenden Wirkung tatenlos zuzusehen, ist angesichts der Pandemie nicht mehr hinnehmbar. Das dringende Gebot der Stunde ist Solidarität und Humanität zu zeigen. Wir müssen uns um diejenigen kümmern, die körperlich und seelisch geschwächt und von daher in der aktuelle Corona-Krise massiv gefährdet sind.“

Kontakt:
Eva Wagner / Pressereferentin
Tel.: 030 30 39 06 -62 / 0170-1821946
E-mail: e.wagner@ueberleben.org

Pressemitteilung zum Download (PDF)