Fallgeschichte

Mehr als ein Albtraum – Nassims Geschichte

25.6.2020

Schweißgebadet schreckt der 15-jährige Nassim* in der Nacht hoch, herausgerissen aus einem furchtbaren Traum. Der Beginn ist immer gleich: Nassim will aus dem Stall laufen und seinem Vater unbedingt etwas sagen, doch der liegt blutüberströmt im Hof, erschlagen von vermummten Milizionären. Plötzlich verwandelt sich der Stall, er ist dort zusammengepfercht mit unzähligen fremden Menschen. Eine Wache betritt den Raum, eine Frau fleht um Nahrung für ihr Kind – und wird vor den Augen aller erschossen. Im nächsten Moment macht sich Erleichterung breit, ein Boot soll es geben, das Nassim nach Europa bringen wird. Doch es ist nur ein einfaches Schlauchboot, überfüllt mit Menschen, ohne Nahrung, ohne Wasser. Wer nicht durchhält, wird über Bord geworfen.

Für Nassim ist das kein bloßer Albtraum, es ist sein Leben, seine Geschichte, sein Trauma. Mit dreizehn schickt ihn seine Mutter auf die Flucht. Eine bessere Zukunft soll er haben, dafür gibt sie alles Ersparte der Familie her. Doch seit er Sierra Leone verließ, ist sein ganzes Leben zum Albtraum geworden: Schlepperbanden beuteten ihn aus und misshandelten ihn. In einem libyschen Gefangenlager wurde er sogar gefoltert: Als Strafe für seinen Fluchtversuch brach man ihm beide Füße. Mehrmals war er dem Tode nahe.

Nassim ist kein Einzelfall. Viele unbegleitete minderjährige Geflüchtete leiden unter den traumatischen Erfahrungen von Folter und Flucht. Sie haben Schlafstörungen, können sich nicht konzentrieren und kämpfen mit ihren impulsiven, oft aggressiven Gefühlsausbrüchen. Im Zentrum ÜBERLEBEN finden Jugendliche wie Nassim Hilfe.

Gemeinsam mit seinem Therapeuten erarbeitet Nassim, was die Auslöser für sein aggressives Verhalten sind, wie er sich entspannen kann und zu mehr Ruhe findet. Das erleichtert es ihm die Schule zu besuchen und Freundschaften zu knüpfen. Seine Sozialarbeiterin unterstützt ihn bei allen wichtigen Belangen des täglichen Lebens.

Nassims Zukunft ist weiter ungewiss. Sein Aufenthalt wurde abgelehnt. Er befindet sich im Widerspruchsverfahren. Sobald er volljährig ist, könnte er abgeschoben werden. Aber Nassim gibt nicht auf, er will bleiben und Mechatroniker werden. Und all das irgendwann seiner Mutter erzählen können.

Gemeinsam können wir Menschen wie Nassim zur Rückkehr in ein selbstbestimmtes Leben helfen.

→  Helfen Sie Patient*innen wie Nassim, die Folgen der Folter zu überwinden – mit einer Spende unter dem Stichwort: ZUE NL-8

.SPENDENKONTO
Zentrum ÜBERLEBEN gGmbH
IBAN: DE32 4306 0967 1264 5130 00
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*anonymisierte Fallgeschichte
Foto: Jan H Andersen/shutterstock