Pressemitteilung

Recht auf Sprachmittlung ins Sozialgesetzbuch V

Ohne Dolmetschen keine Behandlung

Berlin, 22. Juni 2021

Das Recht auf Sprachmittlung ins Sozialgesetzbuch V aufzunehmen, das fordert das Zentrum ÜBERLEBEN anlässlich des Internationalen Tages zur Unterstützung der Folteropfer am 26. Juni. Das psychosoziale Zentrum, das schwer traumatisierte geflüchtete Menschen behandelt, kritisiert die massive Unterversorgung der Patient*innen ohne deutsche Sprachkenntnisse. Durch Bürokratisierung und lange Entscheidungsverfahren sei die Kostenerstattung von Dolmetscherleistungen in der Praxis nicht anwendbar. Damit wird dieser Gruppe das Recht auf medizinische Versorgung verwehrt.

„Das Recht auf Sprachmittlung ins Sozialgesetzbuch aufzunehmen, ist richtig und die Forderung überfällig. Seit 2015 ist der schon damals große Bedarf an psychotherapeutischen und psychiatrischen Behandlungen von Patient*innen ohne deutsche Sprachkompetenz noch weiter gestiegen. Doch diese Gruppe bleibt durch Sprachbarrieren in der aktuellen Praxis oft ausgegrenzt aus der medizinischen Versorgung. Gleichzeitig haben viele dieser Betroffenen einen akuten Leidensdruck aufgrund ihrer Erlebnisse vor, während und nach der Flucht“, sagt Patricia Panneck, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie von der Tagesklinik des Zentrum ÜBERLEBEN.

Für Diagnose, Behandlungsplanung und Therapie ist Sprache das essenzielle Arbeitsinstrument insbesondere bei psychischen Erkrankungen. Die Kostenerstattung für Dolmetscherleistungen kann beantragt werden, doch die langen Bearbeitungszeiten der Sozialbehörden stellen das größte Problem dar. Aufwendige Anträge und langwierige Verfahren machen eine angemessene Behandlung unmöglich. Darum arbeiten niedergelassene Fachkräfte kaum mit Dolmetscher*innen. Einrichtungen wie das Zentrum ÜBERLEBEN greifen auf Eigenmittel zurück, damit eine Therapie zeitnah begonnen werden kann.

„Wir haben zwar das Know-How und arbeiten mit Sprach- und Kulturmittlung, aber durch den großen Andrang gibt es sehr lange Wartezeiten. Leider machen wir dann häufig die Erfahrung, dass sich Erkrankungen chronifiziert haben, weil sie lange nicht behandelt wurden. Das alles verlängert die Therapiezeiten und führt dazu, dass wiederum andere Erkrankte länger auf eine Aufnahme warten müssen – ein Teufelskreis.“

Diesen Teufelskreis können die Psychosozialen Zentren nicht aus eigener Kraft durchbrechen. Die Politik muss interkulturelle Versorgungsstrukturen ausbauen und die Kostenerstattung für Dolmetscherleistungen entbürokratisieren. Diese Leistung im Sozialgesetzbuch V festzuschreiben, dafür tritt das Zentrum ÜBERLEBERN ein, damit das im Grundgesetz verankerte Recht auf medizinische Behandlung für alle umgesetzt werden kann.

„Wenn wir die gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen am Gesundheitssystem ermöglichen, profitieren alle. Dann verkürzen sich Behandlungsdauern, wir können Chronifizierungen vermeiden und Kosten sparen. Das ist eine langfristige Rechnung, die man aufmachen muss“, so Panneck.

Hier finden Sie das vollständige Interview mit der Psychiaterin und Psychotherapeutin Patricia Panneck.

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