Projekte

Folterspurendokumentation

Rechtliches Empowerment von Geflüchteten durch Zugang zu Stellungnahmen und Attesten

Folter lässt sich schwer beweisen, wenn die Tat Monate oder Jahre zurückliegt. Dennoch ist die Dokumentation von Folter sowie ihre Folgen für Betroffene wichtig. Das Projekt „Rechtliches Empowerment von Geflüchteten durch Zugang zu Stellungnahmen und Attesten“ bietet Überlebenden eine kostenlose und im Rechtssystem anerkannte Folterspurendokumentation sowie die Attestierung psychischer Folgeerkrankungen. Das Projekt ist innerhalb der BNS-Fachstelle für traumatisierte Geflüchtete und Überlebende schwerer Gewalt im ZÜ angesiedelt. Die Fachstelle agiert gemeinsam mit sechs weiteren Kooperationspartnern im Berliner Netzwerk für besonders schutzbedürftige geflüchtete Menschen (BNS, gegründet in 2008).

Folterüberlebende und Menschen mit psychisch reaktiven Traumafolgestörungen bedürfen aufgrund der aktuellen Rechtslage in Deutschland fachärztlicher Atteste und Stellungnahmen, um ihre besonderen Schutzbedarfe v.a. gegenüber Behörden und Gerichten geltend zu machen. Betroffene von schwerer Gewalt und Folter werden mit der Anforderung konfrontiert, eine fachliche (d.h. medizinische und psychologische) Dokumentation ihrer Verfolgungs- und Krankheitsgeschichte einzuholen. Unberücksichtigt bleibt hierbei jedoch, dass es keine staatliche Institution gibt, die diese Expertise bereitstellt. Die Durchführung eines privaten psychotherapeutischen Gutachtens scheitert – sofern sich überhaupt ein:e qualifizierte Gutachter:in findet und der Zugang zu Sprachmittlung sichergestellt werden kann – in der Regel aus finanziellen Gründen. Dies gilt im Besonderen auch für rechtsmedizinische Dokumentationen von körperlichen Gewaltfolgen, die sich im Herkunftsland oder auf der Fluchtroute ereignet haben.

Das Projekt „Rechtliches Empowerment von Geflüchteten durch Zugang zu Stellungnahmen und Attesten“ zielt darauf ab, geflüchteten Menschen, die schwerwiegende Gewalt erlebt und infolgedessen behandlungsbedürftige psychische Erkrankungen entwickelt haben, Zugang zu einer fachärztlichen psychiatrischen / psychotherapeutischen Attestierung zu ermöglichen. Diese ist aufgrund von strukturellen, institutionellen wie monetären Barrieren einem Großteil der Schutzsuchenden verwehrt. Die Anfertigung der Stellungnahmen und Atteste erfolgt in bereits etablierten Strukturen des ZÜ und wird durch die Fachstelle für traumatisierte Geflüchtete und Überlebende schwerer Gewalt koordiniert und umgesetzt. Die Fachstelle eignet sich hierbei im besonderen Maße für die Umsetzung des Projekts, da sie neu ankommende Schutzsuchende im Rahmen der angebotenen Clearing- und Diagnostikfunktion unterstützt. Die individuellen Bedarfe an entsprechenden Attesten und Stellungnahmen können somit frühzeitig zu Beginn des Asylverfahrens identifiziert und umgesetzt werden.

Durch Fortbildungs- und Netzwerkarbeit wird zudem ein Beitrag zur fachlichen Weiterqualifikation von Psychotherapeut:innen im Bereich der Begutachtung psychisch reaktiver Traumafolgestörungen sowie zur Sensibilisierung des Rechtssystems zur Lage der Betroffenen geleistet.

Laufzeit und Förderer

1.4.2024 – 31.3.2026

Das Projekt „Rechtliches Empowerment von Geflüchteten durch Zugang zu Stellungnahmen und Attesten“ wird gefördert durch die CMS Stiftung.

Kontakt

Dr. David Keller
Projektkoordination
d.keller@ueberleben.org