Jahresbericht 2023/2024

Der Sprung ins kalte Wasser

Schwimmtherapie und Wassergewöhnung

Der Sprung ins kalte Wasser muss nicht immer ausschließlich unangenehm sein. Für unsere Klient:innen in der Ambulanz für Kinder und Jugendliche trifft vielmehr das Gegenteil zu. Sie konnten im Spätsommer 2023 an einer Reihe von Schwimmkursen am Plötzensee teilnehmen. Was für viele erstmal mit Überwindung verbunden war, hat sich letztlich für die Jugendlichen als eine spaßige Aktivität herausgestellt. Der Kurs soll deswegen im Jahr 2024 fortgeführt werden.

Sommernachmittage am See mit Wassergewöhnung und Schwimmunterricht – dieses Angebot hat die Ambulanz für Kinder und Jugendliche für ihre jungen Klient:innen ins Leben gerufen. Entstanden ist diese Idee aus unserem jährlichen Abteilungsausflug mit unseren Kindern, Jugendlichen und deren Familien. Nach der positiven Resonanz zum ersten Schwimmkurs seitens der Teilnehmenden hat die Abteilung beschlossen, das Angebot fortzusetzen. Der zweite Kurs wird zwölf Wochen lang einmal wöchentlich in einer Schwimmhalle stattfinden, mit der Möglichkeit, am Ende des Kurses die Seepferdchen-Abzeichnung zu meistern.

Für viele Teilnehmende ist der erste Schritt, sich in tiefes Wasser zu begeben auch mit Ängsten verbunden. Unter ihnen gibt es Personen, die auf der Flucht nach Deutschland das Mittelmeer oder andere Gewässer überqueren mussten und dabei traumatisierende Erfahrungen gemacht haben. Entsprechend individuell und sensibel ist das Vorgehen der ausgebildeten Schwimmtrainerin an die Wassergewöhnung mit jeder einzelnen Person. Die ersten Termine werden zusätzlich von den betreuenden Sozialpädagog:innen begleitet. Wenn die jungen Menschen Vertrauen in das Angebot gefunden haben, nehmen sie danach eigenständig am Schwimmkurs teil.
Trotz ihrer negativen Erfahrungen mit Wasser in der Vergangenheit freut sich die Gruppe auf den kommenden Kurs. Zwei von ihnen haben bereits am ersten Schwimmkurs teilgenommen und danach mehrmals nachgehakt, wann es wie versprochen weitergehen wird. Doch woher kommt diese Begeisterung für das Schwimmangebot?

„Ich glaube das Schöne daran ist, dass die Jugendlichen hier die Erfahrung machen, etwas relativ schnell und unkompliziert erlernen zu können. Unabhängig von Sprache, Herkunft und ohne eine aufwändige materielle Ausstattung, die dafür benötigt wird. Das ist tatsächlich etwas sehr Neutrales. Du brauchst nur deinen Körper. Die Jugendlichen machen im Alltag öfter die Erfahrung, auf Ausgrenzung oder Barrieren zu stoßen. Zusätzlich sind sie mit Prozessen konfrontiert, die viel Zeit in Anspruch nehmen. Sich in einem völlig neuen System zurechtfinden, die Sprache lernen, einen Schulabschluss schaffen – das dauert mitunter lange. Beim Schwimmen kriegt man viel schneller Erfolgsgefühle und die Bestätigung, wie alle anderen zu sein.“ – so Mali Dávila, Sozialpädagogin in der Ambulanz für Kinder und Jugendliche.

Mali Dávila konnte selbst die positive Entwicklung der Jugendlichen im Laufe des ersten Schwimmkurses beobachten und hat danach die Organisation des Folgekurses in die Hand genommen. Sie freut sich darüber, wie die Jugendlichen sich durch diese Erfahrung öffnen und auch wieder Vertrauen zu sich gewinnen. Umso mehr ist sie gespannt auf das Feedback der Teilnehmenden zu den nächsten Schwimmstunden und hoffentlich schönen neuen Erfahrungen.

Die Klient:innen er ambulanten Abteilung für Kinder und Jugendliche kamen aus 20 verschiedenen Ländern. Das Team der Abteilung begleitete mit ihren Angeboten im Jahr 2023 insgesamt 61 Kinder, Jugendliche, junge Erwachsene und ihre Eltern. Die Sitzungen mit den Klient:innen werden in Begleitung einer Sprach- und Kulturmittlung durchgeführt.

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Die psychosoziale Versorgung von geflüchteten Kindern, Jugendlichen sowie deren Bezugspersonen wird u.a. gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sowie von der Beauftragten des Senats für Integration und Migration aus Mitteln der Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales, Gleichstellung, Integration, Vielfalt und Antidiskriminierung.

* Der Schutz unserer Patient:innen ist uns wichtig. Deswegen arbeiten wir mit Anonymisierungen bei Persönlichkeitsdaten und Fotos.

18.9.2024