Free Şebnem Korur Fincancı!

TÜRKISCHE MENSCHENRECHTSAKTIVISTIN ŞEBNEM KORUR FINCANCI FESTGENOMMEN

1.11.2022

Die türkische Ärztin und Menschenrechtsaktivistin Şebnem Korur Fincancı ist am 26. Oktober 2022 unter fadenscheinigen Vorwürfen festgenommen worden. Die Vorsitzende der türkischen Ärztekammer, die ebenso Vorstandsmitglied der türkischen Menschenrechtsstiftung TIHV und langjährige Wegbegleiterin des Zentrum ÜBERLEBEN ist, setzt sich seit Jahrzehnten für die Dokumentation und Aufklärung von Folter ein und prangert die eklatanten Missstände bei der Einhaltung von Grundrechten in der Türkei an.

Leider ist es nicht das erste Mal, dass sie eine politisch motivierte Inhaftierung befürchten muss. Bereits 2017 stand sie wegen angeblicher „Propaganda für eine terroristische Organisation“ vor Gericht. Dabei handelte es sich um eine Solidaritätsaktion für eine kurdische Tageszeitung. Damals entsendeten das ZÜ und andere Organisationen zu jedem Verhandlungstag Prozessbeobachter:innen, die ihre Solidarität mit der Angeklagten ausdrückten.

Diesmal war der Anlass ihrer Verhaftung, dass sie in einem Interview eine unabhängige Untersuchung zu den Vorwürfen forderte, die türkische Seite würde bei Kämpfen im Nordirak chemische Kampfstoffe einsetzen. Dabei handelt es sich um eine Forderung, die auch die IPPNW (International Physicians for the Prevention of Nuclear War) bereits gestellt hatte. Diese Untersuchungen sind in internationalen Konventionen festgeschrieben. Wir fordern eine rechtsstaatliche Behandlung, frei von politischer Einflussnahme und Motivation sowie die sofortige Freilassung Şebnems.

Seit seiner Gründung 1992 ist das Zentrum ÜBERLEBEN (damals Behandlungszentrum für Folteropfer e.V., bzfo) eng mit Şebnem Korur Fincancı und der türkischen Menschenrechtsstiftung verbunden. Die beiden Organisationen arbeiteten im Rahmen von Prozessbeobachtungen gegen Ärzt:innen und Menschenrechtsaktivist:innen der TIHV zusammen. Unter entscheidender Mitwirkung von TIHV und bzfo entstand 1999 auch das Istanbul-Protokoll. Seit 2001 ist das über 70 Seiten umfassende Dokument von der UN anerkannter Standard bei der Dokumentation von Folterspuren.

Die türkische Menschenrechtsstiftung TIHV informiert zu den aktuellen Entwicklungen: https://tihv.org.tr/

Foto-Credits: Human Rights Foundation of Turkey