Jahresbericht 2022/2023

Pflegende Angehörige
– Hilfe für die Helfenden

10 Jahre pflegen-und-leben.de

Im Jahr 2011 wurde die Online-Beratung pflegen-und-leben.de als Modellprojekt mit einer Förderung vom Familienministerium ins Leben gerufen. Zwei Jahre später hatte sich diese Probephase bewährt, es wurde ein Vertrag mit den Pflegekassen abgeschlossen und pflegen-und-leben.de hatte sich seinen Bestand gesichert. Blickt man heute auf die Entwicklung der Online-Plattform für pflegende Angehörige zurück, hat sich bewiesen, wie wichtig solche niedrigschwelligen, digitalen Angebote sind. Zum zehnjährigen Jubiläum haben wir ein Gespräch mit dem vierköpfigen Team geführt, um auf die Entwicklungen der letzten zehn Jahre zurückzublicken und zu schauen, was sich das Team für die Zukunft der Abteilung wünscht.

„Die ursprüngliche Idee hinter pflegen-und-leben.de war, ein Angebot zur Gewaltprävention einzuführen. Auch wenn so etwas nicht passieren sollte, können Überlastung und der mit der Pflege eines Angehörigen einhergehende Frust zu aggressivem Verhalten führen. Deswegen wollte man mit so einem Online-Beratungsangebot Menschen mit pflegebedürftigen Lebenspartner:innen oder Familienangehörigen dahingehend unterstützen, dass die Situation Zuhause gar nicht erst so weit eskalieren kann“, erklärt Marlene Ziegler-Stein, seit neun Jahren Teammitglied bei pflegen-und-leben.de.

Angefangen hatte das Angebot von pflegen-und-leben.de mit der Schreibberatung, was bis heute Bestand hat. Menschen mit pflegebedürftigen Angehörigen können sich demnach per Mail an die Beratungsplattform wenden und beschreiben, was sie an ihrer persönlichen Situation belastet. Daraufhin entsteht regelmäßiger Mailkontakt mit einer der Beraterinnen, die zur Ansprechperson für sämtliche Probleme wird.

„Am Anfang gab es nur die Schreibberatung und wir hatten hier und da vereinzelt Leute, die das Angebot der Videoberatung wahrnehmen wollten. Das hatte sich dann insbesondere mit dem Ausbruch der Corona-Pandemie geändert. Da ist die Nachfrage nach virtuellen Meetings deutlich gestiegen. Je nach Bedarf und Interesse integrieren wir das mittlerweile oft in die Schreibberatung. Entweder, weil sich das die Klient:innen wünschen oder wir schlagen das selbst vor, wenn wir das Gefühl haben, wir brauchen diese Art von Kontakt, um eine Person besser einschätzen und beraten zu können“, so Psychologin Valeska Gerst.

Erstanfragen werden vom Team innerhalb von fünf Werktagen beantwortet. Danach versuchen die Beraterinnen immer, ihren Klient:innen innerhalb von einer Woche zu antworten – zwei Wochen Beantwortungszeit ist das Maximum, um den regen Austausch beizubehalten. Das Team führt jeden Montag eine Intervision durch, in der sie sich über ihre Klient:innen austauschen und gegenseitig unterstützen. Dadurch wird eine hohe Qualität der Beratung sichergestellt. Außerdem profitieren alle im Team von dem Wissens- und Erfahrungsaustausch, der dadurch stattfindet.

„Manchmal berührt einen die Lebenssituation, die man miterlebt sehr und dann muss man sich mit jemanden absprechen. Ich glaube, wenn wir nur Zuhause arbeiten und die Mails alleine bearbeiten würden, wäre das auf Dauer für uns Beraterinnen äußerst belastend. Dann wäre das Risiko hoch, dass es sich wie eine Art Fließbandarbeit anfühlen könnte und die Qualität der Beratung darunter leidet. Durch unseren regelmäßigen Austausch kann außerdem jede von uns ihre eigenen Erfahrungswerte einbringen. Ich finde, unsere Arbeit lebt sehr stark davon“, so die Beraterin Anna Bosch.

Da die Beratung online stattfindet, können problemlos bundesweit Menschen das Angebot in Anspruch nehmen. Insbesondere Personen aus unterversorgten Regionen, die aufgrund ihres pflegebedürftigen Angehörigen nicht zu festen Beratungssitzungen erscheinen können oder schlichtweg solche Angebote nicht in ihrer Nähe haben, werden hierdurch aufgefangen. Für die Zukunft sieht das Team noch viel Potenzial, das Angebot weiter auszubauen. Ein Relaunch der Webseite hat dieses Jahr schon dazu geführt, die Nutzungsfreundlichkeit zu erhöhen und mehr Menschen anzusprechen. Denn pflegen-und-leben.de richtet sich nicht nur an eine spezifische Alters- oder Zielgruppe. Alle Menschen mit pflegebedürftigen Angehörigen – ob Eltern, erwachsen gewordene Kinder, junge oder alte Paare – können die Online-Beratung in Anspruch nehmen.

„Uns ist es wichtig, so viele Menschen wie möglich zu erreichen. Auf lange Sicht würden wir auch gerne die Webseite in mehrere Sprachen übersetzen und mit Sprach- und Kulturmittler:innen arbeiten. Immer wieder erreichen uns Anfragen von Menschen in Deutschland, die Deutsch nicht auf Muttersprachenniveau beherrschen und deswegen das Beratungsangebot nicht wahrnehmen können. Dabei belegen diverse Studien, wie gerade Menschen mit Migrationshintergrund häufig strukturelle und gesundheitliche Nachteile haben und diese Unterstützung umso mehr benötigen würden. Um das in Zukunft anbieten zu können, benötigen wir entsprechende Finanzierungsmöglichkeiten“, betont Jana Toppe, Abteilungsleiterin.

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