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Absolvent Amir*: „Ich habe keine Kursminute versäumt“

28.4.2020

Im Februar bekamen die Teilnehmer*innen des letzten kaufmännischen Kurses ihr Zertifikat. Der junge Amir aus Afghanistan war hoch motiviert dabei, hat viel gelernt und nun ein Berufsziel vor Augen. Eine nächste Chance gibt es ab dem 11. Mai und die Anmeldungen laufen jetzt. Es wird eine rundum „digitale Schule“ und damit ein doppelter Lerneffekt für das zukünftige Berufsleben sein.

Ein Rückblick auf den vergangenen Kurs

An einem grauen Februartag stehen in einem der Klassenräume des Zentrum ÜBERLEBEN (ZÜ) nicht wie sonst deutsche Wörter oder Begriffe aus der Berufskunde oder der EDV an der Tafel, sondern es stehen Kekse und Säfte auf dem Tisch. Hier wird gefeiert, weil 27 Frauen und Männer ihren kaufmännischen Berufsvorbereitungskurs erfolgreich bestanden haben. Mit einem persönlichen Feedback haben sie von den drei Lehrer*innen der Fächer EDV, Berufskunde, Mathematik und Wirtschaft und Berufsdeutsch ihr Zertifikat entgegengenommen. Die viermonatigen Kurse werden im Rahmen des Projektes Berliner Netzwerk für Bleiberecht „bridge“ angeboten. Der nächste Durchlauf beginnt wieder am 30. März.

Wohl alle der Frauen und Männer im Alter zwischen 20 und 50 Jahren haben existenzielle und mitunter traumatisierende Erfahrungen in ihren Herkunftsländern oder auf ihrer Flucht gemacht. Sie haben ganz verschiedene Muttersprachen, sind unterschiedlich lang in Deutschland und habe einen unterschiedlichen Status, was ihren Aufenthalt in Deutschland anbelangt. Was sie gemeinsam haben ist die Hoffnung, dass sich mit den verbesserten Sprachkenntnissen, mit dem Wissensgewinn über Berufskunde, mit den neuen Erfahrungen über die berufliche Realität hierzulande und mit den erlernten EDV-Kenntnissen neue Türen öffnen. Denn der Weg, sich beruflich zu integrieren, ist mehr als steinig. Mit dem Zertifikat sind sie einige Schritte vorangekommen – das sind die ‚good news’ an diesem grauen Februartag!

Absolvent*innen des kaufmännischen Berufsvorbereitungskurses.

Insbesondere in den letzten Wochen gab es dafür ganz konkrete Impulse. Alle Kursteilnehmenden haben ein betriebliches Praktikum gemacht. „Wir haben sie bei der Suche nach einem Praktikumsplatz begleitet und bei Problemen unterstützt,“ sagt Katharina Schwarz, Koordinatorin im Projekt bridge. Die Kursteilnehmer*innen bekommen Hilfe bei der Erstellung der Bewerbungsunterlagen, trainieren Interviews und werden einmal während des Praktikums besucht. Die meisten arbeiteten in den Bereichen Pflege, Kinderbetreuung, Metall, Friseurwesen, Soziales u.a.m.. Das Betreuungspersonal stand mit den Betrieben in direktem Austausch, wie alles gelaufen ist. Das überwiegende Signal ist höchste Zufriedenheit auf Seiten der Arbeitgeber*innen.

Amir*, ein junger Mann aus Afghanistan, erzählt voller Begeisterung von seinen Erfahrungen in einer Kita. “Die Kinder waren so lieb und ich habe viel Deutsch gelernt, denn ich musste Geschichten erzählen und viel sprechen. Das hat gut geklappt. Die Kolleginnen haben mich sehr unterstützt und gesagt, dass ich das toll mache.“ Amir ist hoch motiviert und möchte am liebsten gleich eine Ausbildung als Erzieher beginnen. Er ist seit vier Jahren in Deutschland und hält das Nichtstun nicht mehr aus. Katharina Schwarz bestätigt, dass durch die Praktika das Selbstbewusstsein und die Motivation der Kursteilnehmenden erheblich steigt.

Im eigentlichen Unterricht hat Amir keine Kursminute versäumt und es ist erstaunlich, mit welchem Eifer er den Stoff aufgenommen hat. Hier wird gepaukt über Rechnungswesen, Güterarten und Produktionsfaktoren, BIP und Konjunktur. Im Fach Deutsch geht es um Grammatik und Wortschatz, ums Verstehen und um mündliche und schriftliche Kommunikation. Die Absolvent*innen können nun Programme wie Word, Excel und PowerPoint bedienen. Sie haben von deutschem Arbeitsrecht und Berufsbildern erfahren und ein Bewerbungstraining hinter sich. Ein volles Programm für Amir, der gerade einmal vier Jahre in Afghanistan zur Schule gegangen ist. Es wird klar, wie groß seine Motivation ist. Es bleibt aber auch spürbar, was alles hinter ihm liegt und wie groß die psychischen Belastungen sind – ausgelöst durch die Fluchtgründe in seiner Heimat, durch die traumatisierende Flucht und durch das Leben in verschiedenen Unterkünften. Amir weiß nicht so recht, wie es jetzt weitergehen kann, aber er weiß immerhin, dass er im ZÜ Hilfe und Beratung bekommt. „Wir begleiten die Teilnehmer*innen individuell bei allen Fragen nach Schule, Ausbildung und Beruf. Wir bieten dabei auch psychologische Beratung an, weil sich die Menschen in sehr instabilen Lebenssituationen befinden. Einige sind auch Patient*innen in der Ambulanz des ZÜ und machen Therapie. So greifen verschiedene Angebote des ZÜ ineinander.“

Sein größter Wunsch wäre es, in der Berufsfachschule des ZÜ eine Ausbildung zum staatlich geprüften Sozialassistenten zu machen, dabei gleichzeitig seinen MSA, den Mittleren Schulabschluss nachzuholen, um dann Erzieher werden zu können. Doch im ersten Schritt braucht er dafür die Berufsbildungsreife. Im ZÜ sitzen Leute mit Ideen, wie er das schaffen kann. Das ist das Gute an den ineinandergreifenden therapeutischen, medizinischen und integrativen Maßnahmen im ZÜ.

> Informationen und Anmeldung

*anonymisiert