Jahresbericht 2022/2023

Nachts wieder zur Ruhe kommen – Umgang mit Schlafstörungen

19.02.2024

Ewiges Umherwälzen im Bett, Albträume, die einen nachts aus dem Schlaf reißen und wach halten, das ständige Gefühl, nicht ausgeschlafen zu sein. Solche und viele weitere Symptome sind charakteristisch für Schlafstörungen. Treten sie mindestens drei Nächte pro Woche über mehr als drei Monate hinweg auf, spricht man von einer chronischen Schlafstörung. Shena Yonan-Aho, unsere ehemalige Psychotherapeutin in Ausbildung (kurz PiA) beim Wohnverbund für Migrantinnen, hat eine Schlaf- und Entspannungsgruppe eingeführt, in der sie die Frauen zum richtigen Umgang mit Schlafstörungen berät.

„Ich weiß nicht, ob ich hier eine Person gesehen habe, die keine Schlafstörung hatte. Davon sind eigentlich alle unsere Klientinnen betroffen“, erklärt Susanne Höhne, Abteilungsleiterin vom Wohnverbund für Migrantinnen. „Unsere Klientinnen leiden meist unter einer Depression und/oder einer Posttraumatischen Belastungsstörung. Gestörter Schlaf gehört bei beiden zur Symptomatik. In der Nacht drängen die Angstgefühle oft ungefiltert ins Bewusstsein und dann liegen die Menschen im Bett und träumen fürchterliche Dinge. Insofern haben wir uns natürlich gefreut, als unsere PiA Shena Yonan-Aho sich dazu bereit erklärt hat, gemeinsam mit einer unserer Therapeutinnen eine Gruppe zum Thema Schlaf und Entspannung einzuführen, um dieses Problem anzugehen.“

Insgesamt sechs Monate verbringen die PiAs im Wohnverbund. Während dieser Zeit haben sie die Möglichkeit, Therapien und Gruppen zu begleiten. Gleichzeitig sind sie auch dazu aufgerufen, ihre eigenen Ideen einzubringen, sich Konzepte zu überlegen und Gruppen zu leiten.

„Im Prozess der Konzepterstellung wurde mir sehr viel Verantwortung überlassen. Bei Fragen war meine Betreuerin natürlich immer ansprechbar und hat einen Blick auf meine Ideen geworfen. Insgesamt wurde da aber sehr viel Vertrauen in meine Kompetenzen gesteckt. So habe ich mir ein Konzept überlegt, in dem Frauen mit Schlafstörungen anfangs psychoedukativ mehr über Schlafstörungen und deren Ursache lernen. Im Laufe der Wochen gehen wir dann über zu Schlafhygiene, also was kann man konkret tun, um Schlaf zu fördern und was wirkt schlafhemmend“, so Shena Yonan-Aho.

Was genau sind also Dinge, auf die man für einen besseren Schlaf achten kann? Viele der Klientinnen machen den Fehler, sich abends vor dem Schlafengehen noch ausgiebig an ihren Handys zu beschäftigen. Sie lesen Nachrichten und informieren sich via Social Media über die Lage in ihrer Heimat. Damit nehmen sie ihre Sorgen direkt mit ins Bett. Generell sollte man bei Schlafstörungen abends von zu viel Fernsehen oder Serien streamen am Computer Abstand halten. Es ist viel besser, den Abend mit einem Buch oder einer anderen entspannenden Aktivität ausklingen zu lassen und tagsüber aktiv zu sein.

„Wozu ich den Frauen während der Schlafgruppe auch immer rate, sind Atemübungen. Indem man sich auf das Zählen der Atmung fokussiert, entspannt sich der ganze Körper. Achtsamkeit ist hier ein ganz wichtiges Stichwort. Das bedeutet, ganz im Hier und Jetzt zu sein. Anstatt sich Sorgen zu machen, lenkt man die Aufmerksamkeit auf die eigenen Sinne und versucht, Körper und Umwelt bewusster wahrzunehmen“, beschreibt Shena Yonan-Aho.

Abteilungsleiterin Susanne Höhne betont ebenfalls, wie hilfreich solche Maßnahmen sein können. Gleichzeitig macht sie auch die Erfahrung, dass es für die betroffenen Frauen oft schwierig ist, diese Ratschläge umzusetzen, da ihre Situationen im Heim gar nicht erst die erforderlichen Rahmenbedingungen dafür bieten.

„Eine meiner Klientinnen lebt schon seit vielen Jahren im Heim und hat dort eine Nachbarin, die nachts viel Lärm macht und teilweise sogar lauthals schreit. Da kannst du dann natürlich nicht gut schlafen, selbst wenn du unsere Tipps befolgst. Bis vor Kurzem hatte sie eine Zimmernachbarin, die immer die Fenster geschlossen haben wollte. Die Klientin selbst leidet aber unter Panikattacken und möchte, dass das Fenster geöffnet ist. Es handelt sich hierbei einfach insgesamt um eine Umgebung, welche nicht die erforderlichen Grundvoraussetzungen bietet, um den Patientinnen Ruhe und Sicherheit zu geben.“

Shena Yonan-Aho erfährt ebenfalls über solche und ähnliche Umstände hautnah durch den Austausch in der Schlafgruppe und den Gesprächen, in denen sich ihr die Frauen mitteilen. Gleichzeitig bewundert sie den Willen dieser Frauen, trotz der gegebenen Hürden nicht aufzugeben:

„Ich finde es schön in der Arbeit mit den Frauen zu beobachten, wie sie trotz ihrer Beschwerden und allem, was sie durchmachen mussten, gemeinsam lachen können. Vor allem auch zu spüren, dass sie motiviert sind und sich wünschen, dass da eine Veränderung passiert.“

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* Der Schutz unserer Patient:innen ist uns wichtig. Deswegen arbeiten wir mit Anonymisierungen bei Persönlichkeitsdaten und Fotos.