Das Zentrum ÜBERLEBEN hat sich in 25 Jahren zu einer Institution mit über 100 Festangestellten und ebenso vielen Honorarkräften entwickelt. Doch wer steckt eigentlich hinter der therapeutischen, sozialen, wissenschaftlichen und administrativen Arbeit? In unserer neuen Serie stellen wir Menschen vor, die das Zentrum auf ihre Weise prägen. (©Foto: Zentrum ÜBERLEBEN)

Newsletter 1/2018 – #MenschenimZÜ Teil 1

Den Blick Richtung Zukunft gewandt

Dr. Mechthild Wenk-Ansohn, seit über 20 Jahren im Zentrum, geht in den Ruhestand. Ihre Nachfolgerin Dr. Tanja Waiblinger kennt die Einrichtung schon seit Jahren und bereitet sich seit 2016 auf ihre neue Aufgabe als Abteilungsleiterin vor.

Was ist das Besondere an Ihrer Arbeit im Zentrum ÜBERLEBEN?

MWA: Das Ineinandergreifen verschiedener Professionen – Medizin, Psychotherapie, Sozialarbeit, Sprachmittlung – kannte ich aus meiner früheren Arbeit im internationalen Feld. Mit Gefolterten und Kriegstraumatisierten zu arbeiten, war hingegen Neuland für mich. Mit jedem Patienten reise ich gedanklich in ein anderes Land und entwickle Bilder zu den Ländern. Ich hatte selbst die Möglichkeit einige der Länder zu bereisen und die dortige Realität kennenzulernen.

TW: Spannend ist, dass man die nötige Offenheit mitbringen muss, auch mal unorthodoxe Wege auszuprobieren, die in diesem interkulturellen Rahmen eventuell funktionieren. Das mit der nötigen Professionalität zu verbinden, ist immer wieder lehrreich und macht einfach Spaß.

Ihre Arbeit ist häufig von schweren Schicksalen geprägt. Welche schönen Momente gibt es?

TW: Schön ist, wenn Patienten nach einer gewissen Zeit von sich aus sagen, die therapeutische Begleitung sei nun nicht mehr in diesem Umfang nötig. Wenn sie selbständig den Blick Richtung wenden, ist das ein toller Erfolg.

MWA: Mich freut es, wenn ich merke, dass Patienten mit der Zeit traumatische Erlebnisse anders reflektieren und eine größere Distanz dazu entwickeln. Sie sind dann hier im Leben angekommen. Das Schönste ist aber natürlich, wenn ehemalige Patienten kommen, die ihre Familien endlich nachholen konnten, einen Blauen Pass* haben und glücklich sind.

Schönste ist aber natürlich, wenn ehemalige Patienten kommen, die ihre Familien  endlich nachholen konnten, einen Blauen Pass* haben und glücklich sind.

MWA: Am Anfang war es schwerer, mittlerweile klappt es gut. Trotzdem gibt es immer wieder Dinge – zum Beispiel gewaltvolle Filme – bei denen ich bewusst sage: Das gucke ich mir nicht an. Ich wertschätze die schönen Dinge im Leben sehr viel mehr als früher, das nehme ich auch mit in die Rentenzeit.

Wieviel nicht-therapeutische Arbeit steckt in der Abteilungsleiterposition?

MWA: Das Wichtigste ist, neben den Patienten auch auf das Team zu achten. Wenn das Team brüchig wird und wir uns zu viel zumuten, funktioniert unsere Arbeit nicht. Daneben sind für die fachliche Leitung auch das Qualitätsmanagement, die Netzwerkarbeit, Fortbildungen und Veröffentlichungen wichtige Arbeitsfelder.

TW: Ich habe größte Hochachtung davor, was Mechthild hier in den letzten Jahr zehnten aufgebaut hat. Sie hat viel für das Zentrum insgesamt getan, aber vor allem hat sie in der Ambulanz eine Teamstruktur geschaffen, die auf Vertrauen und Unterstützung fußt. Das ist so wichtig für unsere Arbeit.

* Der Blaue Pass ist ein Passersatz für diejenigen, die entsprechend der Genfer Flüchtlingskonvention als Geflüchtete in Deutschland anerkannt werden.

 

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