Niederschwelliges Angebot für taube Kinder und Eltern

20. Dezember 2023

Seit bald zwei Jahren befindet sich die Ukraine infolge der russischen Invasion im Kriegszustand. Die Tatsache, dass infolge des Krieges Millionen Ukrainer:innen fliehen mussten und in ganz Europa Schutz suchen, ist allgemein bekannt. Ein Aspekt, der dabei weniger Sichtbarkeit erhält, sind die Auswirkungen des Krieges auf jene Menschen, die bereits in ihrer Heimat mit Alltagsbarrieren konfrontiert waren. Dazu gehören unter anderem taube Menschen.

Aktuell leben in Berlin 200-300 Menschen aus der Ukraine mit Gebärdensprachbedarf – darunter auch zahlreiche Kinder und Jugendliche. Aufgrund des anhaltenden Krieges steigt die Zahl kontinuierlich an. Diese marginalisierte Gruppe erlebt belastende Kommunikationsbarrieren mit der Mehrheitsgesellschaft, die den Alltag erschweren. Entsprechend sind die Schwierigkeiten und zusätzlichen Stressfaktoren umso komplexer für taube Menschen, die aus ihrem Heimatort fliehen mussten und sich nun in Deutschland ein neues Leben aufbauen. In Berlin gibt es eine aktive Gebärdensprachgemeinschaft, die angesichts dieser Situation zusätzlich auch ehrenamtliche Angebote geschaffen hat, um die Neuangekommenen zu unterstützen. Jedoch können die innerhalb des Netzwerkes bestehenden Kontaktstellen für taube und schwerhörige Menschen und deren Kinder nicht den gesamten zusätzlichen Bedarf abdecken. Auch fehlen psychotherapeutische Angebote für Kinder und deren Familien in Gebärdensprache.

Vor diesem Hintergrund hat die Ambulante Abteilung für Kinder- und Jugendliche (KJA) des Zentrum ÜBERLEBEN in diesem Jahr ein niederschwelliges gebärdensprachliches Angebot für taube ukrainische Kinder und Jugendliche geschaffen. Psychotherapeutische Sprechstunden sondieren die psychotherapeutischen und sozialpädagogischen Bedarfe. Es ist außerdem die Teilnahme an einer psychosozialen Gruppe möglich: „Das Angebot erfolgt derzeit in Kooperation mit Akteur:innen der Gebärdensprachgemeinschaft. Diese niederschwellige therapeutische Gruppe ermöglicht tauben ukrainischen Kindern und Jugendlichen oder Kindern tauber Eltern zusammenzukommen, um sich mit ihrer Situation als geflüchteter Mensch mit Traumatisierungen, Anpassungsstörungen und deren Folgen auseinanderzusetzen. Mittels körperorientierter und spieltherapeutischer ausgerichteter Methoden möchten wir die Betroffenen empowern“, erklärt Nal Lohe, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut:in im ZÜ.

Parallel zum Kinderprogramm besteht für die Elternteile das Angebot, sich auszutauschen und stressreduzierende Entspannungsverfahren kennenzulernen. Bei konkreten Anliegen bezüglich der Integration ihrer Kinder oder der Familie sind auch die Sozialarbeiter:innen der KJA unterstützend tätig. Um eine akkurate Kommunikation sicherzustellen, arbeiten wir hierbei eng mit Gebärdensprachdolmetschenden zusammen. Denn die Gebärdensprache ist, abhängig vom Herkunftsland, unterschiedlich. Deswegen erfolgt eine Übersetzung von russischer bzw. ukrainischer Gebärdensprache in deutsche Gebärdensprache sowie deutsche Lautsprache.

Wir freuen uns, dass wir mit diesem neuen Angebot ukrainische Menschen erreichen. Gleichzeitig zeigt sich, dass es dringend notwendig ist, diese Unterstützungsangebote zu verstetigen und durch Einzeltherapien in Gebärdensprache zu erweitern, da die psychotherapeutischen und sozialpädagogischen Bedarfe weit über die bisher bestehenden Angebote hinausgehen. Um dies zu ermöglichen, sind wir jedoch dringend auf Ihre Unterstützung angewiesen, denn unsere Finanzlage ist prekär. Ohne Ihre Spenden können wir keine weitere Psychotherapeut:in einstellen, um zusätzliche Einzelgespräche mit tauben geflüchteten Menschen durchzuführen. Auch sollen Mitarbeitende der Sozialen Arbeit in Deutscher Gebärdensprache (DGS) geschult werden, sodass diese in eine direkte Kommunikation mit den Kindern treten können.

Deshalb bedanken wir uns von ganzem Herzen für Ihre Hilfe – jeder Beitrag zählt!

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