Jahresbericht 2022/2023

Tagesklinik- Erweiterung

Internationale Krisen, Gewaltausbrüche, autoritäre Regime und Minderheiten unterdrückung – solche politischen Schreckensnachrichten haben für uns im Zentrum ÜBERLEBEN immer eine besonders hohe Tragweite. Denn wir sind genau für jene Menschen eine Anlaufstelle, die solchen Ungerechtigkeiten zum Opfer fallen und in Deutschland ein sicheres Leben neu aufbauen möchten. Um noch mehr Menschen bei uns behandeln zu können, haben wir im Jahr 2022 unsere Tagesklinik erweitert. Die verfügbaren Behandlungsplätze wurden dabei von 15 auf 24 Plätze aufgestockt. Dieses Projekt wäre so ohne die Unterstützung der Charité (Campus Mitte) und den anderen Abteilungen im Zentrum ÜBERLEBEN nicht möglich gewesen. Patricia Panneck – Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie und Co-Leiterin der Tagesklinik – berichtet über die Umstellung und wie die Erweiterung gelingen konnte.

„Das erste Problem waren natürlich die Räumlichkeiten und da muss man sagen, haben uns die Kolleg:innen aus den anderen Abteilungen maßgeblich geholfen. Es war ziemlich schnell klar, dass es nicht realistisch ist, irgendwo anders zu bezahlbaren Mieten zusätzliche Räumlichkeiten zu bekommen. Unsere Lösung war entsprechend, uns hier im ZÜ umzuverteilen. Einige Kolleg:innen haben beispielsweise ihre Büros abgegeben und sich mithilfe von Mobile-Office Regelungen untereinander umorganisiert, um auch mit weniger Raum zurechtzukommen.“

Die Erweiterung der Tagesklinik hat sich nicht nur auf eine Vergrößerung der Aufnahmekapazitäten beschränkt: Es wurde für den neuen Behandlungstrack ein neues 12-wöchiges Behandlungskonzept entwickelt und auch die Struktur des vorbestehenden Behandlungszweiges überarbeitet. So wird ein breiteres Behandlungsangebot zur Verfügung gestellt, zum Beispiel auch für Patient:innen, die sich in einer akuten Krise befinden und schnell aufgenommen und behandelt werden müssen.

„Wir hatten vorher zwei Patient:innen-Gruppen in einem psychodynamisch-interaktionell orientierten Behandlungskonzept und haben die Erweiterung dazu genutzt, eine dritte, verhaltenstherapeutisch ausgerichtete Gruppe zu ergänzen. Wir bieten unseren Patient:innen dabei ein multimodales, therapeutisches Angebot an – das beinhaltet auch Elemente wie Kunsttherapie, Tanztherapie und Entspannungsverfahren wie Trauma-Yoga. Eine der Herausforderungen der Therapie besteht häufig bereits darin, gemeinsam zu überlegen: Worauf fokussieren wir denn jetzt? Wir erarbeiten dann gemeinsam mit den Patient:innen die Themenbereiche und Ziele, welche für sie individuell am wichtigsten sind und überlegen uns Schritte, die dahinführen, dieses Ziel zu erreichen. Hierbei kann es um die Auseinandersetzung mit traumatischen Ereignissen der Vergangenheit gehen oder aber auch um Stabilisierung und Zukunftsplanung.“

Am Anfang der Woche setzen sich demzufolge Patient:innen und Therapeut:innen in einer Fokusgruppe zusammen und besprechen kleine Therapieziele, die sie sich für die Woche setzen. In Intervisionen, Supervisions- und Teamsitzungen tauschen sich die Therapeut:innen darüber aus, wie sie die Patient:innen am besten unterstützen können, diese Ziele zu erreichen. Die kleinen Zielmarken sollen im Laufe der zwölf Wochen Schritt für Schritt dazu führen, ein übergeordnetes Therapieziel zu erreichen. Menschen, die in ihrer Heimat und auf der Flucht Opfer von schwerer Gewalt oder gar Folter wurden, tragen oft eine lebenslange psychische Verletzung mit sich. Letztlich ist die Verarbeitung von traumatischen Erlebnissen für geflüchtete Menschen das Fundament, um sich in Deutschland ein neues Leben aufzubauen.

„Viele der psychischen Erkrankungen, die wir hier behandeln sind chronisch. Traumatische Erfahrungen sind Teil der Biographie unserer Patient:innen. Traumata können nicht ungeschehen gemacht oder vergessen werden. Allerdings kann der dadurch entstehende Leidensdruck, das Ausmaß, in dem sie das Leben der Menschen auch im Hier und Jetzt noch beeinflussen, verändert werden. Ich habe dabei auch ganz konkret eine Patientin in Erinnerung, die nach einer fokussierten Traumatherapie gesagt hat: Ich habe das Gefühl, ich kann damit jetzt besser abschließen. Ich kann das, was ich erlebt habe zwar nicht vergessen, aber ich habe das jetzt so für mich verarbeitet, dass ich nach vorne blicken kann. Das war ein Riesenerfolgserlebnis.“

Die Tagesklinik im Zentrum ÜBERLEBEN wird in Kooperation mit der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Charité Berlin-Campus Mitte (CCM) betrieben.

Die psychosoziale Versorgung von schwer traumatisierten geflüchteten Menschen in der Tagesklinik des Zentrum ÜBERLEBEN wird u.a. gefördert von der UNO-Flüchtlingshilfe.


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* Der Schutz unserer Patient:innen ist uns wichtig. Deswegen arbeiten wir mit Anonymisierungen bei Persönlichkeitsdaten und Fotos.

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