Stellungnahme

Sieben Jahre Krieg in Syrien

Kriegsgewalt und Foltererlebnisse haben die Menschen für immer gezeichnet. Besonders wichtig ist für die Überlebenden, ihre Angehörigen zu retten.

Berlin, 27. Februar 2018

Seit sieben Jahren tobt in Syrien, direkt vor Europas Haustür, ein menschenverachtender
 Krieg. Die Kämpfe zwischen verschiedenen staatlichen und para-staatlichen Einheiten und Milizen kennen letztlich nur eine Verliererin: die syrische Bevölkerung. Hunderttausende Kinder, Frauen und Männer fielen Menschenrechtsverbrechen und kriegerischen Handlungen zum Opfer. Rund die Hälfte der Einwohner*innen mussten bisher ihre Heimat verlassen und sich auf eine lebensgefährliche Flucht begeben. Viele von ihnen überlebten die katastrophalen Zustände in den Flüchtlingslagern, die Überfahrt über das Mittelmeer oder die Misshandlungen durch Schlepperbanden nicht.

Zerstörte Häuser, Verletzte, Leichen, verstümmelte Kinder

Das Zentrum ÜBERLEBEN hat seit 2011 etwa 700 Patient*innen aus Syrien behandelt. Diejenigen, die es hierhergeschafft haben, haben unsagbar schlimme Dinge erlebt. Sie mussten den Tod naher Verwandter miterleben, wurden in Gefängnissen schwer gefoltert, haben Verfolgung, Misshandlung und Bombardierungen erlebt. Häufig fühlen sie sich schuldig, geflohen zu sein. Sie bemühen sich verzweifelt ihre Familien, Frauen und Kinder nachzuholen und sie aus der Kriegshölle zu befreien.

„Die posttraumatischen Beschwerden vieler Patient*innen sind durch die Informationen und Bilder reaktualisiert, die ihnen verzweifelte Angehörige aus Kampfgebieten wie der umzingelten Region Ost-Ghouta bei Damaskus und dem Kurdengebiet Afrin schicken“, sagt Dr. Mechthild Wenk-Ansohn, Leiterin der Ambulanten Abteilung für Erwachsene. „Die Bilder zeigen zerstörte Häuser, Verletzte, Leichen, verstümmelte Kinder. Unsere Patienten fragen verzweifelt, warum keine Rettung zumindest für Frauen und Kinder erfolgt.“

Syrische Patient*innen sind schwer traumatisiert

Die Männer, Frauen und Kinder aus Syrien, die ambulant im Akut- oder Langzeittherapieprogramm des Zentrum ÜBERLEBEN behandelt werden, klagen über
 Albträume, Angst und Unruhezustände, viele sind schwer depressiv. Besonders wichtig ist für die allein eingereisten, ihre Familien nachholen zu können. „Der Familiennachzug ist eine wichtige Voraussetzung für Stabilisierung, für die Verarbeitung der Traumata und dafür, neue Hoffnung schöpfen und sich im Aufnahmeland integrieren zu können“, ergänzt Dr. Wenk-Ansohn. Das Zentrum ÜBERLEBEN fordert seit Langem die Wiedereinführung des Familiennachzugs auch für subsidiär Schutzberechtigte. Die im Koalitionsvertrag festgelegte Härtefallregelung reicht da nicht aus.

2013 reagierte das Zentrum ÜBERLEBEN auf die die stark ansteigende Zahl der
 Therapieanfragen geflohener Syrer*innen und startete mit Unterstützung des Auswärtigen Amts ein Akutprogramm, das durch Folgeprojekte bis dato auch für andere Nationalitäten weitergeführt werden konnte. Seither ist das Akutprogramm institutionell in der Ambulanten Abteilung für Erwachsene verankert.
 Syrerinnen und Syrer sowie aus Afghanistan Gefüchtete bilden aktuell die größte Gruppe der Patient*innen im Zentrum ÜBERLEBEN.

 

KONTAKT

Tinja Schöning
Tel.: 030 30 39 06 -62
E-Mail: t.schoening@ueberleben.org

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