Tag der Menschenrechte – Blick auf Deutschland:
Sind unsere Regelungen im Umgang mit Geflüchteten menschenrechtskonform?
10.12.2024
Wie steht es in Deutschland mit den Grundrechten in Bezug auf den Umgang mit geflüchteten Menschen? In den vergangenen Jahren haben wir den Tag der Menschenrechte zum Anlass genommen, auf schwere Menschenrechtsverbrechen weltweit hinzuweisen. Angesichts der aktuellen Entwicklungen in Deutschland möchten wir dieses Jahr hingegen unsere Aufmerksamkeit der Menschenrechtssituation in der Bundesrepublik widmen. Ganz konkret: Dem sogenannten „Sicherheitspaket“, das vor wenigen Wochen von der damals noch amtierenden Ampelkoalition beschlossen wurde.
Zum Tag der Menschenrechte erinnern wir uns jedes Jahr an die allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948. Sie ist die Basis und der Anfangspunkt der menschenrechtlichen Bestimmungen, auf die sich unsere politischen Systeme bis heute stützen. Doch wie viel ist vom Geist dieser Errungenschaft noch übrig? Wie stark der Wille, jedem Menschen ein Leben in Würde zu ermöglichen? Das Ende Oktober beschlossene „Sicherheitspaket“ der inzwischen zerworfenen Bundesregierung widerspricht einem menschenwürdigen Umgang mit den Schutzbedürftigsten in unserer Gesellschaft auf drastische Weise.
Mit dem „Sicherheitspaket“ wurden zahlreiche lebensbedrohliche Bestimmungen gesetzlich verankert: So wird zukünftig allen Menschen, die vollziehbar ausreisepflichtig sind, und für deren Asylverfahren ein anderer Dublin-Staat (das Land der Erstregistrierung) zuständig ist, nur noch zwei Wochen lang Sozialleistungen gewährt, die das physische Existenzminimum erfüllen. Nach Ablauf dieser zwei Wochen werden sie komplett von sämtlichen Leistungen abgeschnitten und somit der Verelendung überlassen. Abgesehen von besonderen Härtefällen dürfen also nicht mal mehr Unterkunft, Ernährung oder eine grundlegende Gesundheitsversorgung bereitgestellt werden. Selbst Kinder sind von dieser Regelung nicht ausgeschlossen.
Hinzu kommt, dass die Entscheidung zur Streichung der Leistungen nach zwei Wochen auch vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erlassen werden kann, wenn dieses die Ausreise als „rechtlich und tatsächlich möglich“ einschätzt. Auf welche Kriterien dieser Beschluss gestützt werden soll, bleibt unklar und legt den Grundstein für willkürliche Abschiebungen, auch von besonders schutzbedürftigen geflüchteten Menschen.
Zyniker:innen oder Menschen mit rechtspopulistischen Einstellungen würden nun vermutlich argumentieren, dass die betroffenen Personen selbst schuld seien, wenn sie eine Ausreise verweigern. Doch, mal abgesehen von moralisch-ethischen Grundsätzen, ist das auch faktisch nicht richtig. Denn es gibt einige Dublin-Staaten, die eine Rückreise von geflüchteten Menschen strikt verweigern, wie zum Beispiel Italien. Wenn also eine geflüchtete Person laut deutscher Regelung innerhalb von zwei Wochen zurück nach Italien müsste, das Land die Rückreise jedoch verweigert, fällt die betroffene Person in eine Blockade und ist in Deutschland Armut, Hunger und Obdachlosigkeit ausgesetzt. Ein Horrorszenario, das jeder Vorstellung von Rechtstaatlichkeit widerspricht – und schon bald für tausende von Menschen erschreckende Realität wird.
„Es ist verfassungswidrig, Menschen das soziale und physische Existenzminimum zu verwehren. Wenigstens der Zugang zu Unterkunft, Ernährung und Hygiene muss jedem Menschen in Deutschland gewährt werden. Die Tatsache, dass nicht einmal Minderjährige von dieser Regelung ausgeschlossen sind, ist entsetzlich. Es ist außerdem ein schockierender Beleg dafür, wie weit sich der Kurs der demokratischen Parteien im Bundestag nach rechts bewegt. Denn bei diesen Bestimmungen handelt es sich um Forderungen, die ursprünglich von rechtspopulistischen Parteien gestellt wurden, nun jedoch von der vermeintlichen politischen Mitte getragen und implementiert werden“, sagt Kirstin Reichert, Geschäftsführerin des Zentrum ÜBERLEBEN.
Doch was war der Auslöser des „Sicherheitspakets“? Der Anschlag in Solingen, ausgeübt von einem Einzeltäter aus Syrien, der drei Menschen tötete und acht weitere verletzte. So tragisch diese Gewalttaten sind, das Problem wird nicht damit gelöst, unschuldige geflüchtete Menschen sowie Minderjährige für derartige Verbrechen büßen zu lassen.
Es ist niemals eine akzeptable Lösung, die Grundrechte und die Würde des Menschen anzugreifen. Wir appellieren am Tag der Menschenrechte, jedes Individuum für sich zu betrachten und die Erfüllung der Grundbedürfnisse jedes Menschen zu gewährleisten!
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